Liebe Pilz-Community,
in den letzten Jahren, gleichzeitig mit dem Auftreten von Sommersteinpilzen (Boletus reticulatus) entweder im Mai/Juni bzw. September, hatte ich an einer bestimmten Stelle im Wienerwald unter Buchen mehrfach ungewöhnlich rot gefärbte Kollektionen von Steinpilzen gefunden - vom Aussehen so ein Mittelding zwischen B. reticulatus und B. pinophilus (Kiefernsteinpilz). Mit einem großem Fragezeichen hatte ich die Pilze bisher als (eine Variation von) B. reticulatus aufgezeichnet, da ich in der Literatur nichts passenderes dazu fand.
Vor kurzem habe ich den in der neuen Österreichischen Zeitschrift für Pilzkunde 2018 veröffentlichten überarbeiteten "Schlüssel zur Bestimmung von Frischfunden europäischer Arten der Boletales" erhalten und darin ist ein neue Form nämlich "Boletus pinophilus f. frondosophilus Klofac&Krisai, forma nova" enthalten. Ich bin immer wieder erstaunt welch umfangreiches Wissen und Erfahrungen vieler Jahrzehnte in solche Arbeiten einfließen auch wenn sich der Wissensstand natürlich niemals abschließen lässt. Der Schlüssel ist jedenfalls nicht nur für Profis, sondern auch für alle Hobbymykologen und aufmerksamen Speisepilzsammler ein Muss, die sich z.B. so wie ich schon über viele Jahre hinweg immer wieder fragten, wieviele verschiedene (andere) Steinpilzarten es neben B. edulis eigentlich gibt.
Irmgard war so freundlich und hat meine Pilzfotos an Wolfgang Klofac zur Begutachtung weitergeleitet. Wolfgang meint nun, dass die fleckenweise ockerfarbene Ausblassung der Hutoberfläche und die rosa Tönung am Stiel sowie der relativ knollige Stiel für Boletus pinophilus f. frondosophilus sprechen. Die Hutfarbe erscheint relativ hell zu sein. Ich habe aber zumeist Pilze mit dunklerer Hutfarbe als auf den Fotos gefunden, so scheint es also sehr wahrscheinlich zu sein, dass es sich um diese neu definierte Form handelt.
Boletus cf. pinophilus f. frondosophilus
Ebenfalls noch nie in der Literatur gestossen bin ich auf B. carpinaceus Velen. (Hainbuchensteinpilz). Vielleicht ist mir auch dieser Pilz schon untergekommen, denn immer wieder fand ich im Wienerwald bereits im Mai/Juni kleinere Steinpilzkollektionen (Subtrat Fagus bzw. Carpinus) mit ungewöhnlich hellem blassgrauem Hut, die ich ebenfalls als eine Variation von B. reticulatus notiert habe. Auch hier gibt es ein Foto, das mit der Beschreibung des Schlüssels übereinstimmen würde. Natürlich ohne weitere Untersuchungen und Beleg immer schwierig zu beurteilen das ganze und dann ist ja überhaupt auch die viel diskutierte Frage wo eine Art aufhört und eine andere beginnt. Im Wald bin ich natürlich immer zuerst mit phänomenologischen Merkmalen konfrontiert.
Hoffen wir auf baldigen ergiebigen Regen damit die extreme Trockenheit endet und die Nachsuche und das Forschen bald beginnen können.
Boletus cf. carpinaceus
Schöne Grüße! Christian
Re: Boletus pinophilus f. frondosophilus Klofac&Krisai, forma nova
#2Lieber Christian,
wow, das sind wirklich tolle Funde. Ich kenne den Sommersteinpilz als sehr variablen Pilz - von blass milchkaffebraun mit viel Milch zu satt braun bis fast schwarzhütig und selbst rotbraune Funde, die von oben den Farbton des Kiefernsteinpilzes kenne ich. Diese Formen sind übrigens alle im wirklich netten Büchlein "Il Porcino" von Carlo Luciano Alessio abgebildet (aus dem jahr 1984, im verlag Edagricole erschienen). Das, was du hier aber zeigst, habe ich selber jedenfalls noch nie gesehen.
bei ersterem verstehe ich daher vollkommen, dass Wolfgang Klofac daraus ein eigenständiges Taxon macht (egal, auf welcher Randstufe).
Und der hellhütige erinnert in der Tat an das, was als Boletus carpinicola abgebeildet wird. Es wäre toll, den mal älter zu sehen, ob er wirklich farbolos bleibt und nur nebengrau wird, oder ob er doch noch Brauntöne im Hut entwickelt. Vielleicht findest du ihn heuer ja nochmal ;-).
Liebe Grüße und danke für's Vorzeigen,
Christoph
wow, das sind wirklich tolle Funde. Ich kenne den Sommersteinpilz als sehr variablen Pilz - von blass milchkaffebraun mit viel Milch zu satt braun bis fast schwarzhütig und selbst rotbraune Funde, die von oben den Farbton des Kiefernsteinpilzes kenne ich. Diese Formen sind übrigens alle im wirklich netten Büchlein "Il Porcino" von Carlo Luciano Alessio abgebildet (aus dem jahr 1984, im verlag Edagricole erschienen). Das, was du hier aber zeigst, habe ich selber jedenfalls noch nie gesehen.
bei ersterem verstehe ich daher vollkommen, dass Wolfgang Klofac daraus ein eigenständiges Taxon macht (egal, auf welcher Randstufe).
Und der hellhütige erinnert in der Tat an das, was als Boletus carpinicola abgebeildet wird. Es wäre toll, den mal älter zu sehen, ob er wirklich farbolos bleibt und nur nebengrau wird, oder ob er doch noch Brauntöne im Hut entwickelt. Vielleicht findest du ihn heuer ja nochmal ;-).
Liebe Grüße und danke für's Vorzeigen,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)