Unterschiede zwischen Coprinus comatus und C. levisticolens

#1
Servus,

heute bin ich am Weg zur Arbeit an einer schönen Schopf-Tintlings-Gruppe vorbei geradelt. Da die Fruchtkörper besonders kräftig und auffällig braunschuppig waren, wollte ich sie mir doch mal näher anschauen – schließlich warte ich immer noch auf meinen ersten sicheren Fund von Coprinus levisticolens. Neben der Größe und der Färbung fielen bei meiner Kollektion noch die relativ schweren, festfleischigen Fruchtkörper auf, die auch nach stundenlanger Lagerung noch keinerlei Verfärbung zeigten. Bloß: Sie rochen nicht nach Maggi. Weder frisch noch jetzt am Trockner ist/war ein Maggi-Geruch wahrzunehmen. Trotzdem hab ich mir die Mikros angeschaut, und auch diese hätten zu C. levisticolens gepasst: Schnallen fehlend (zumindest hab ich an den Huthauthyphen und im Hymenium keine gesehen), Keimporus bisweilen exzentrisch.

Folgt man Ludwig (Pilzkompendium) bzw. der Originalbeschreibung von C. levisticolens, so wäre diese Art ja mikroskopisch leicht von C. comatus zu trennen (C. comatus hätte demnach Schnallen und einen zentralen Keimporus). Blöd ist aber, dass C. comatus in der Literatur auch ohne Schnallen (z. B. PdS) oder nur mit "schnallenähnlichen Strukturen" bzw. "Pseudoschnallen" (z. B. FN) beschrieben wird, und dass auch der Keimporus bei C. comatus mitunter leicht exzentrisch sein soll (z. B. FAN 6). Ich halte es für unwahrscheinlich, dass diese Überschneidungen auf Verwechslungen mit C. levisticolens zurückzuführen sind. Und mein Fund würde diese Angaben ja bestätigen...

Bleiben dann außer dem Geruch eigentlich noch sichere Unterscheidungsmerkmale zwischen C. comatus und C. levisticolens? Die Ökologie vielleicht, aber auch da sind doch sicher Übergänge zu erwarten. Gibt es vielleicht schon genetische Untersuchungen diesbezüglich?

Der heutige Fund stammt übrigens von einer Ruderalstelle neben dem Mur-Radweg, der Boden ist dort durchaus sandig. Das erste Foto hab ich mit dem Handy gemacht, sonst hatte ich ja nix mit…

Bin auf eure Meinungen zu dieser Thematik gespannt.
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Schöne Grüße
Gernot

Re: Unterschiede zwischen Coprinus comatus und C. levisticolens

#2
Hallo Gernot,
ich habe levisticolens vor einigen Jahren gefunden, auch auf Sandboden. Damals kannte ich ihn noch gar nicht und habe nicht dran geschnüffelt. Den Geruch nach Liebstöckel nahm ich erst wahr, als ich die Exsikkat-Tüte öffnete, um die Sache zu überprüfen. Sehr erstaunt war ich allerdings sofort über die subglobosen Sporen. Seinerzeit meinte ich, es handele sich um eine merkwürdige Form von comatus. Die Sporen erscheinen mir jetzt als wichtigstes Mikromerkmal, alles andere ist sehr schwammig oder schwer festzustellen.
Von comatus gibt es (mindestens) 3 genetisch abgrenzbare Taxa. Ob das auch morphologisch nachvollziehbar ist, weiß ich nicht. C. levisticolens ist, soweit mir bekannt, nicht in der Studie enthalten. Auf alle Fälle kommt man mit dem Keimporus nicht weiter, der ist mal so, mal so - Tendenz schräg.
Beste Grüße,
Andreas

Re: Unterschiede zwischen Coprinus comatus und C. levisticolens

#3
Hallo, Andreas,

danke für deine Nachricht! Subglobose Sporen, das ist ja interessant. Ist dir bekannt, ob das sonst noch wo in der Literatur berichtet wird? Ludwig & Roux (1995) beschreiben C. levisticolens ja mit "ovoid-ellipsoiden" Sporen. Die in Krisai-Greilhuber et al. (2018) gezeigten Sporen sind anscheinend auch ellipsoid. Da bleiben mir also doch Zweifel, was die Sporenform als Unterscheidungsmerkmal betrifft...

Schöne Grüße
Gernot

Re: Unterschiede zwischen Coprinus comatus und C. levisticolens

#7
Servus Gernot,

hast du mal auf Coprinus vosoustii geprüft?

Zudem wurden ja neulich weitere Arten aus der Gattung Coprinus s.str. beschrieben, so z.B. Coprinus littoralis: http://www.fungalplanet.org/content/pdf ... net453.pdf
oder Coprinus pinetorum (der aber makroskopisch wegfällt): http://www.fungalplanet.org/content/pdf ... net454.pdf

Dann gibt es ja eine Reihe von nordamerikanischen Arten, die theoretisch auch hier vorkommen könnten. Es gibt aus der Coprinus-comatus-Ecke erstaunlich viele Arten... Von Coprinus vosoustii beispielsweise habe ich nur gehört, weil ich mir das Buch Funghi d'Italia vor längerem gekauft hatte (von Boccardo, Traverso, Vizzini und Zotti) und da ist er drin.

Nur mal als Anregung ;-).

Liebe Grüße,
Christoph
Argentum atque aurum facile est laenamque togamque mittere, boletos mittere difficile est
(Silber und Gold, Mantel und Toga kann man leicht verschenken, schwer ist es aber, auf Pilze zu verzichten - Spruch von Martial)

Re: Unterschiede zwischen Coprinus comatus und C. levisticolens

#9
Lieber Christoph, liebe Irmgard,

danke für die Hinweise! Auf die neu beschriebenen C. littoralis und C. pinetorum bin ich bei meinen Recherchen auch gestoßen, und somit auch auf C. vosoustii, der in den Diskussionen dieser Neubeschreibungen erwähnt wird. Coprinus vosoustii soll demnach viel größere Sporen haben ("17–20 × 10–12 μm") als bei meinem Fund (ich weiß, dass ich keine Sporenmaße angegeben hatte – sie passten aber ganz gut zu den Beschreibungen in der Literatur von C. levisticolens).

Und weil wir gerade beim Aufzählen der Verwechslungspartner sind: In Eyssartier & Roux (Le Guide de Champignons France et Europe) ist ein C. spadiceosporus abgebildet, der ebenfalls sehr kleine Fruchtkörper und Sporen hat, und sogar gleich wie C. levisticolens riechen soll...

Schöne Grüße
Gernot
cron